Evang.-ref. Kirchgemeinde Dübendorf-Schwerzenbach

Vergeben

Es zuckt und blitzt

Vergebung ist kein reiner Akt des Herzens oder der Seele. Wissenschaftler haben mithilfe des MRT herausgefunden, dass unser Gehirn auf Hochtouren läuft, wenn wir vergeben. So zeigt sich eine gesteigerte Aktivität des medialen präfrontalen Cortex an der Stirnseite des Gehirns, unserem «Empathie-Zentrum», das uns überhaupt erst fähig macht, uns in andere Menschen einzufühlen. Aber auch sonst zuckt, blitzt und blinkt es überall in unserem Gehirn: Nicht ein einzelner Teil unseres Gehirns, sondern ein Netzwerk frontaler Gehirnregionen ist beim komplexen Prozess der Vergebung aktiviert.

Aus: anders handeln, Ausgabe 1/2017

Vergebung ohne Versöhnung?

Vergebung ist nicht dasselbe wie Versöhnung. Versöhnung meint: Erneuerung des Vertrauens. Das ist manchmal nicht möglich, denn für Versöhnung braucht es immer zwei. Vergeben ist einseitig und ist nicht vom Verhalten, von der Reue oder der Wiedergutmachung des Übeltäters abhängig. Vergebung ist ein Geschenk, das ohne Vorbedingung gegeben wird.
Zu vergeben bedeutet nicht, dass das Ganze nicht so schlimm gewesen sei. Vergebung ist auch keine Rechtfertigung oder Verharmlosung des Geschehenen. Sie betäubt nicht den Schmerz. Sie stellt sich nicht blind und taub, als ob nichts passiert wäre.
Einem Menschen ein Unrecht zu vergeben, das er mir angetan hat, ist eine bewusste Entscheidung: Der Entschluss, einen Schlussstrich zu ziehen und sich dadurch aus der zerstörerischen Bindung, die zwischen dem Täter und mir besteht, zu lösen und frei zu werden. Das hilft zuerst einmal mir selbst, damit die Wunden heilen können, und es kann ein erster Schritt sein hin auf Versöhnung.

Musik zum Hören:

So ist Versöhnung

Eine Kurzgeschichte

Von einem alten chinesischen Kaiser wird berichtet, dass er das Land seiner Feinde erobern und sie alle vernichten wollte. Später sah man ihn mit seinen Feinden speisen und scherzen. «Wolltest du nicht deine Feinde vernichten?», fragte man ihn. «Ich habe sie doch vernichtet», gab er zur Antwort, «denn ich machte sie zu meinen Freunden!»


Gnade

Das lateinische Wort für Gnade heisst «gratia». Davon abgeleitet ist das Wort «gratis». Die Bibel erzählt von einem gnädigen Gott. Von einem Gott, der sich uns Menschen in Liebe zuwendet und uns seine Güte schenkt. Gottes Segen, seine Nähe und seine Vergebung müssen und können wir uns nicht verdienen. Sie sind ein unverdientes Geschenk.

Musik zum Hören:

Wo ist solch ein Gott, so wie du?
Foto © naturephotography.ch